Es gibt sie wohl in jedem Leben: die „großen Stunden“. Man fiebert lange darauf hin, sehnt sie herbei, und dann ist es endlich soweit: du hältst dein Abschlusszeugnis in Händen, ein geliebter Mensch sagt am Traualtar „Ja“ zu dir oder du hältst dein eigenes Kind zum ersten Mal im Arm. Was war deine letzte „große Stunde“?
Auch für den Herrn Jesus gab es diesen besonderen Moment: „Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war …“ (Joh 13,1). Welches Ereignis verbirgt sich hinter dieser besonderen Stunde, die Johannes immer wieder erwähnt? Sein Tod? Das Erlösungswerk? In seinen Auswirkungen für uns ist das zweifellos der größte Moment der Weltgeschichte gewesen: Der Gottessohn stirbt für uns! Aber die Perspektive Jesu geht weiter. Der zweite Teil des zitierten Satzes aus dem Johannesevangelium lautet nämlich: „…dass er aus der Welt zu seinem Vater gehen sollte“. Das war Sein großer Moment. Johannes berichtet sehr ausführlich über die Abschiedsworte Jesu zu seinen Jüngern (Joh 13-16). Wie ein Refrain durchzieht diese Reden der Satz: „Ich gehe zu meinem Vater!“ (so zum Beispiel 14,12.28; 16,16.28; beim Studieren dieser Kapitel wirst du noch weitere Anspielungen finden). Man spürt regelrecht die Vorfreude Jesu auf diesen Moment.
Natürlich war dem Herrn Jesus bewusst, dass er sterben würde – von Gott für fremde Schuld bestraft. Natürlich hat ihn das nicht kalt gelassen – die anderen Evangelien berichten ausführlich davon. Aber die Perspektive Jesu geht weit darüber hinaus: der Sühnetod und die Auferstehung waren nur Zwischenstationen (Joh 16,16). Der große Moment kam, als er im Himmel von seinem Vater freudig begrüßt wurde. Dort ist sein Zuhause. Auch deshalb hat er „für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldet“ (Hebr 12,2).
Es ist wohltuend, in der Bibel etwas von den Empfindungen des Herrn Jesus zu lesen. Aber gleichzeitig ist das auch ein Ansporn und Vorbild für unser Leben als Christ.
Ich wünsche dir und mir diese Perspektive für unser Leben: dieser Blick über Schwierigkeiten hinaus in die Ewigkeit hinein. Es ist wahr: Probleme und Nöte sind tatsächlich real. Das aktuelle Weltgeschehen ist wirklich beunruhigend. Die Sorge um die Zukunft ist absolut nachvollziehbar. Aber: all das ist schlimmstenfalls das Vorletzte. Für uns Christen kommt sie erst noch: die große Stunde. Dann, wenn wir von einem barmherzigen himmlischen Vater mit offenen Armen empfangen werden. Wenn wir unserem Retter gegenüber stehen werden. Wenn wir ihm endlich angemessen Dank zurückgeben können.
Das ist unsere große Stunde. Verlier diese Perspektive – bei aller notwendiger Arbeit, realer Not und berechtigter Sorge – nicht aus dem Auge!