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#erlebt
4.4.2022
5 min
Kleiner Glaube – großer Gott
Jens Karb
Bildunterschrift: Text hier

Dienstag, 22. März 2022, 10.00 Uhr. Alles ist ruhig im Kinderheim. Auch mal schön. Unerwartet steht Boris, ein Bruder aus unserer Gemeinde, in der Tür. Er ist auf der Suche nach Edgar, dem Heimleiter und Vorstandsmitglied vom Hilfsgüterverein Zisterne e.V.. Ich frage, ob ich ihm auch weiterhelfen könne, da Edgar gerade in einem Gespräch ist. Boris erzählt mir von einer ukrainischen Familie, die seit einer Woche bei unterschiedlichen Familien unserer Gemeinde untergekommen ist. Ein Ehepaar mit neun Kindern – die Mutter im neunten Monat schwanger.

Boris erzählt, dass es Probleme mit der behördlichen Anmeldung gab und wir dringend eine Wohnung für die Familie brauchen. Ratlos sehen wir uns an.  Im Nebengebäude unseres Kinderheims leben bereits 14 Kinder und vier Erwachsene, die ehemaligen Bewohner des Kinderheims vom Verein Zisterne in der Ukraine. Für eine bald zwölfköpfige Familie dürfte es schwer werden, gemeinsam unterzukommen. Wir überlegen und beschließen schweren Herzens der Aufforderung unserer Behörde nachzukommen, die Familie am nächsten Morgen um 7.00 Uhr nach Gießen ins Auffanglager zu bringen. Leider vergesse ich auch mit Boris zu beten und bleibe bei meinem kleinen Horizont.

Boris geht. Er muss zur Arbeit. Ich gehe zurück ins Büro. Kurze Zeit später klingelt das Telefon. German, ein ehemaliger Jugendlicher unserer Gemeinde, inzwischen mehrfacher Familienvater und verantwortlicher Mitarbeiter im Schloss Falkenberg (Hoffnung für dich e.V.), ist am anderen Ende der Leitung. Wir tauschen uns aus. Dann, völlig unerwartet, erzählt German, dass sie ihr Gästehaus für Familien aus der Ukraine bereitstellen wollen und sie gerne Familien mit vielen Kindern aufnehmen würden. Ich bin sprachlos. Als ich kurze Zeit später wieder zu mir komme, erzähle ich German, was ein paar Minuten vorher geschehen ist.

Mir fällt der Vers aus Jesaja 65,24 ein: „Ehe sie rufen, werde ich antworten!“

Ich erzähle von der Familie mit ihren neun Kindern und der hochschwangeren Frau. Nach kurzer Rücksprache mit Boris fragen wir German, wann wir die Familie bringen können. „Heute. Wegen der schwangeren Frau: Meine Schwester ist Hebamme in freier Praxis, sie spricht russisch und wird sich um die Mutter kümmern!“. Meine Augen füllen sich mit Tränen.

Um 18.00 Uhr treffen wir uns mit zwei Kleinbussen, verstauen das Gepäck und fahren los. Die Mutter und fünf Kinder sitzen bei mir im Auto, Boris hat den Rest der Familie an Bord. Im Rückspiegel sehe ich, wie müde die Frau ist. Als wir um 20.00 Uhr in Falkenberg ankommen, werden wir erwartet und herzlich empfangen. Zwei lange Tische sind gedeckt, die Betten bezogen, in den Waschräumen liegen die wichtigsten Dinge, alles neu verpackt und fein geordnet, Windeln inklusive. Wir essen gemeinsam und staunen über dieses Wunder, das Gott für die Familie bereitet hat. Voller Freude und großer Dankbarkeit im Herzen fahren wir wieder nach Hause.

Am nächsten Morgen klingelt mein Handy. German berichtet, dass die Wehen eingesetzt haben. Am Abend gegen 19.30 ist das Baby auf der Welt.

Er weidete sie nach der Lauterkeit seines Herzens, und mit der Geschicklichkeit seiner Hände leitete er sie.
<author>Ps 78,72<author>

Jens Karb
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